Klemens Jäger
Fast unscheinbar kommt er auf die Bühne, kaum zu glauben, daß dieser Mann in den sechziger und siebziger Jahren mit seiner Band "The Who" fast regelmäßig das Bühnenequipment zertrümmerte. Doch am Montag abend in Londons Shepherds Bush Empire wirkt Pete Townshend eher wie ein Handelsvertreter, von der Wildheit der Who ist nur wenig zu spüren. Nostalgie ist angesagt, und die rund 2000 Zuschauer bekommen genau das, was sie erwartet haben: Das rund 150minütige Konzert wird zu einer Zeitreise durch 35 Jahre Rockmusik.
Zugleich kehrt Townshend mit seinem ersten Solo-Konzert auf europäischem Boden nach mehr als zwölf Jahren in den Londoner Stadtteil zurück, wo die Who 1963/64 ihre ersten Konzerte gegeben haben.
Angekündigt als "Pete Townshend and Friends" überrascht die Besetzung der Band. Wo ist der Schlagzeuger? Es gibt keinen, Townshend setzt einen Rhytmuscomputer ein. Zunächst fällt das kaum auf, doch wenn der heute 53jährige zur elektrischen Gitarre greift, dann fehlt die treibende Kraft, dann fehlt die Dynamik eines Schlagzeugers, die aus seiner Improvisationskunst das letzte herausholt. Das ist allerdings der einzige Vorwurf, den man Townshend machen kann, und zum Glück ist das Zusammenspiel mit seiner vierköpfigen Begleitband blendend.
Die Songs sind perfekt gewählt. Auf dem Programm stehen nur Stücke, die Townshend mag, wie er ausdrücklich betont. Es ist eine gelungene Mischung aus Who-Klassikern, Solo-Nummern und Coverversionen. Fast alle Stücke haben ein neues Gesicht verpaßt bekommen. Er schreckt sogar nicht davor zurück, Rap- Passagen in alte Hits einzubauen. Das klingt zwar modern und zeigt Townshends Offenheit für andere Musikrichtungen, doch die Mischung geht nicht auf. Pete Townshend ist eben kein Rapper. Zum Glück dauert das ganze nur ein paar Minuten, und der Rest des Programms entschädigt für diese Ausrutscher.
Höhepunkte des Abends sind seine Interpretationen der 1965er Hits "Anyway Anyhow Anywhere" und "The Kids Are Alright". Sie klingen frisch und unverbraucht. "Es sind heute eher Lieder über das Elternsein als über das Aufwachsen", erklärt der mittlerweile 53jaehrige ihre Wandlung. Pete Townshend spielt mit seinem Publikum, kommuniziert mit ihm. In Shepherds Bush ist er zuhause, hier kennt er sich aus. Wann immer er zur Akkustikgitarre greift, wird diese Spannung besonders spürbar. Fast folgerichtig beendet Pete Townshend das Konzert ganz alleine, nur mit diesem Instrument. Ein außergewöhnlicher Abend.