Klaus Bednarz
OB. (bed) Dienstagabend, kurz nach 21 Uhr: Die Zeitmaschine landet in der Arena Oberhausen und spuckt eine der letzten Rocklegenden aus. Mit "I can‘t explain" beginnt The Who ein mehr als zweistündiges Konzert, das sich wohl unauslöschlich in das Gedächtnis der rund 7.000 Zuschauer brennen wird.
Der Sound ist nach der leider vollkommen übersteuerten Vorgruppe "The Cult" eine Wohltat für die Ohren. Und für die Augen gibt es auch jede Menge zu sehen. Parallel zum Hit aus dem Jahr 1965 zeigen Filmausschnitte den bereits 1978 verstorbenen Schlagzeuger Keith Moon, der in Zak Starkey einen durchaus würdigen, Nachfolger gefunden hat, sowie John Entwistle, dessen Bass-Part Pino Palladino übernommen hat.
Roger Daltrey, respektable 63 Jahre auf dem Buckel, und Pete Townshend, gerade mal ein Jahr jünger, haben sichtlich Vergnügen an ihrem Auftritt. Da ist es auch absolut egal, dass Daltrey seinen Gesangseinsatz gleich zwei Mal bei "Behind blue eyes" versemmelt. Die Gänsehaut bei dem Balladenklassiker weicht trotzdem nicht.
Eine Verbeugung vor Elvis Presley ist das erst 2004 erschienene Stück "Real good looking boy". Keyboarder John Bundrick, seit 1979 bei den Tournee der Who dabei, stimmt kurz „Can‘t help falling in love with you“ an und dann huldigt Daltrey seinem Idol. Kann, muss aber nicht.
Eine unverkennbar wabernde Synthie-Schleife kündigt danach "Baba O‘Riley" an, bei dem Pete Townshend windmühlenartig seine Gitarre bearbeitet und Roger Daltrey sein Mikrophon um den Kopf schleudert. Das gelingt ihm im Gegensatz zum Sänger der Vorgruppe. Wie schon über 40 Jahre. Wenig später geht es bei "Drowned" filigraner zu. Townshend baut flugs eine Improvisation auf der Gitarre ein, an der nicht nur das Publikum, sondern auch der Meister selbst Vergnügen hat.
Die Who-Hymne "My generation" hat sicherlich schon besserer Aufführungen als in Oberhausen erlebt, das Stück lebt eben von dem ganz spezifischen Gitarrenklang und der lässt sich nicht immer reproduzieren - ein Schicksal, das "My Generation" mit "Satisfaction" von den Rolling Stones teilt.
Was soll's. Mit "Won‘t get fooled again" erlebt dieses Konzert einen weiteren Höhepunkt. Unfassbar, wie gewaltig die Stimme Roger Daltrey selbst den größten Brunftschrei der Rockgeschichte meistert. Was kann da noch kommen?
Die Zugabe. Aus der Rock-Oper "Tommy" zelebriert die Band ein Medley der prägnantesten Stücke, von "Pinball Wizard" bis "See me, feel me". Dann fährt die Zeitmaschine wieder ab. Und hat beim nächsten Mal hoffentlich auch "Substitute" mit im Gepäck, das wurde in Oberhausen schmerzlich vermisst.
Note
Klaus Bednarz
E-Mail: bednarz57@aol.com
Date of show: Who-Konzert 19. Juni 2007
Your message / report: Ich sende Ihnen separat meine Who-Kritik, die am 23. Juni im Wochen-Anzeiger Oberhausen stand.